Angsterkrankungen – wenn die Angst störend wird
Angsterkrankungen haben vielfältige Ursachen. Die unnötige Scham Angst einzugestehen, verlängert den hohen Leidensdruck und erschwert die Diagnose. Ist die Angsterkrankung erkannt, ist sie psychotherapeutisch gut behandelbar.
Die Reaktion des Körpers auf Angst ist stärker wahrnehmbar als das Gefühl
Angst, das Gefühl, dass sich bei tatsächlicher oder vorgestellter Gefahr einstellt, ist die blitzschnelle Reaktion unseres Gehirns und Körpers. Heutzutage meist ein Fehlalarm, der vom Gehirn schnell abgestellt werden könnte. Gelingt es nicht ausreichend, wird die Angst zur Störung. Die massiven körperlichen Symptome wie Atemnot, Zittern, Herzrasen, Benommenheit, trockener Mund und kalter Schweiß sind äußerst unangenehm. Diese starke Stressreaktion des Körpers wird von den Betroffenen meist stärker wahrgenommen als das Gefühl selbst und löst die Angst vor der Angst aus. Dadurch geraten Betroffene in einen Teufelskreis der Angst. Dazu kommt häufig die Scham die Angst einzugestehen. Verständlich, dass viele Betroffene die auslösenden Situationen vermeiden und dazu neigen, die Angststörung zu verbergen. Dabei gehören Angsterkrankungen in Deutschland zu den häufigsten psychischen Erkrankungen, die mit einer genetischen Veranlagung zusammenhängen. Viele Betroffene leiden unnötig lange unter den Erkrankungen, da unnötige Scham und die schwierige Diagnose die frühzeitige Behandlung verhindern. Dabei sind Angsterkrankungen psychotherapeutisch gut behandelbar.
„Angst gehört zum Leben. Sie ist ein wichtiges Signal, das uns vor Gefahren warnt und schützt. Doch bei rund 15 Prozent der Bevölkerung entgleist die Reaktion und wird krankhaft. Angststörungen gehören in Deutschland zu den häufigsten psychischen Erkrankungen.“ Schreibt die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. in einer Pressemitteilung von 2017.
– Mark Twain –
Die neurowissenschaftliche Betrachtung der Angst
Angst ist die Folge der blitzschnellen Reaktion unseres Gehirns auf einen äußeren Reiz, der eine Gefahr sein könnte. Wahrscheinlich hat das jeder Mensch schon mal erlebt, ein lauter Knall oder ein vorbeihuschender Schatten der eine Kaskade von Reaktionen erhöhter Alarmbereitschaft auslöst. Die Schrecksekunde, in der der Atem stockt, der Herzschlag kurz aussetzt, sich die Muskeln anspannen und auch die Wahrnehmung wie hören und sehen geschärft sind. In diesem Alarmzustand ist die Amygdala, der Mandelkern besonders aktiv und steuert die Kaskade der Angstreaktion über Hormone. Die vermehrte Ausschüttung der Hormone pusht den Körper zur äußersten Leistungsfähigkeit. Der Thalamus, auch bekannt als das Tor zu Bewusstsein im Gehirn, liefert der Amygdala eine Abschätzung der Situation, um zwischen Flucht, Kampf oder Totstellen zu entscheiden. Eine genauere Analyse der Situation erfolgt deutlich später, wenn die Gefahr abgeklungen ist. Dazu wird der präfrontale Cortex, ein jüngerer Teil unseres Gehirns hinzugezogen und die Situation mit abgespeicherter Erinnerung durch Einbeziehung des Hippocampus abgeglichen, durchdacht und bewertet. Im Wesentlichen ist an diesem Prozess der Hirnstamm, der evolutionsgeschichtliche ältere Teil unseres Gehirns, beteiligt. Er hat sich bereits vor ca. 500 Millionen Jahren im Laufe der Evolution entwickelt und reguliert alle lebenswichtigen Bereiche wie die Atmung, den Herzschlag und Darmtätigkeit. Der menschliche Hirnstamm unterscheidet sich in seiner Funktionsweise nicht von dem Hirnstamm anderer Wirbeltiere oder Reptilien.
„Der Anblick einer Spinne oder huschender Schatten im Dunklen lassen blitzschnell die sensible Alarmanlage des Gehirns schrillen – Schweißausbrüche und nackte Angst sind die Folge. Oft ist es ein Fehlalarm. Doch das Gehirn korrigiert schnell.“ Lautet die Überschrift von Hanna Drimalla für den Artikel „Der Schaltkreis der Angst“ auf der Webseite dasGehirn.info.
Link zum Beitrag Schaltkreis der Angst
Die evolutionsbiologische Betrachtung der Angst
Evolutionsbiologisch sichert die Angstreaktion das Überleben, wie man einwandfrei an dem sogenannten „Angsthasen“ beobachten kann. Hasen die in akut lebensbedrohlichen Situationen nicht angemessen reagieren, werden gefressen und sind nicht mehr in der Lage Nachkommen zu zeugen. Das jetzige Leben verdanken wir den „Angsthasen“ unter unseren Vorfahren. Nicht nur unter dem Aspekt, dass sie uns eine Überlebens-kompetente Angstreaktion vererbt haben, sondern auch dass ihre Ängste, Befürchtungen und Sorgen funktional zur Entwicklung wichtiger Fähigkeiten zur Vorsorge entwickelt haben. Die Angst vor Hunger und Hungertod ist schon in der Steinzeit ein guter Antrieb, um Konservierungsmethoden für Lebensmittel und den Anbau von Getreide zu entwickeln.
Wie entstehen Angsterkrankungen?
Früher ging man von verschiedenen Theorien aus, um die Entstehung von Angststörungen zu erklären. Die Lerntheorie, die Entstehung durch traumatischen Kindheitserlebnissen oder ein Ungleichgewicht von Botenstoffen im Gehirn. Heutzutage gibt es vermehrt wissenschaftliche Untersuchungen, die der Vererbung eine größere Rolle zuweisen. Durch wissenschaftliche Studien an Zwillingen wird die Erblichkeit auf 30% — 50% geschätzt. Allerdings geht man heutzutage davon aus, dass es ein komplexer Prozess aus genetischen, neurobiologischen und psychosozialen Faktoren der Umwelt handelt.
Fachartikel
Erhardt, Angelika & Meier, Sandra & Deckert, Jürgen. (2020).
Genetik und Epigenetik von Angsterkrankungen.
BIOspektrum. Band 26. Seite 252 – 254.
Doi: 10.1007/s12268-020‑1366‑6
https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s12268-020‑1366‑6.pdf
Die tiefenpsychologische Betrachtung der Angst
Angst hat immer einen Sinn, da sie uns vor zukünftigen Gefahren beschützen will. Sie hat mit unbewussten Wünschen, Gedanken, Gefühlen und Fantasien zu tun, die als Gefahr für das eigene Leben interpretiert werden. Ängste treten dann auf, wenn bestimmte Situationen ein Symbol für die zumeist verbotenen Wünsche, Gedanken, Gefühle oder Fantasien sind. Verständlicherweise wird das unangenehme Gefühl der Angst und die damit verbundene körperliche Reaktion vermieden, verdrängt oder verschoben. Diese Abwehrmechanismen stehen im Widerspruch zu den eigenen Bedürfnissen und führt zu intrapsychischen Konflikten, die uns innerlich übermäßig beschäftigen. Die aufdeckende und auflösende Arbeit verändert nachhaltig die Beziehung zu dem auslösenden Symbol und zu sich selbst.
Das Problem der Verdrängung
Angst führt zu einem erhöhten Adrenalinspiegel im Blut. Manchmal genügt der kleinste Anlass, um eine Angstreaktion auszulösen. Die Angst wird aus unnötiger Scham versteckt und das erschwert die Diagnose der Angsterkrankung.
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„Selbst, wenn die Betroffenen um ihre Ängste wissen, geben sie meistens nicht offen zu („versteckte Ängste“). Gegen einige Auswirkungen der Angst kann der Arzt zwar Medikamente verschreiben, endgültige Abhilfe bringt nur eine Psychotherapie.“ Schreiben Internisten im Netz.
Link zum Beitrag “Versteckte Angst”
Was sind die körperlichen Symptome einer Angsterkrankung?
Der Puls steigt an, das Blut weicht aus dem Gesicht, der Körper zittert und die Knie werden weich. Obwohl der Atem schneller wird, kann das Gefühl entstehen, keine Luft mehr zu bekommen. Magenschmerzen, Durchfall, Erbrechen, weite Pupillen, Schweißausbrüche, Harndrang, Kopfschmerzen, Schwindel und Ohnmachtsgefühle können weiter Symptome sein. Verständlich, das die heftigen körperlichen Symptome im Vordergrund stehen und sich manche Menschen der Ängste nicht bewusst sind. Die Folgen können Beschwerden wie Verdauungsproblem, Schlaf‑, Ess- und Konzentrationsstörungen, Herzbeschwerden von Herzrhythmusstörungen, Atembeschwerden, Inkontinenz, Depressionen, erhöhte Infektanfälligkeit. Die Schwierigkeit für einen Arzt besteht darin, dass eine Reihe von organischen Ursachen ausgeschlossen werden muss, bevor eine Angsterkrankung als Ursache für die körperlichen Beschwerden erkannt werden kann.
Wie können Angsterkrankungen behandelt werden?
Aus den verschiedenen Konzepten, wie Angststörungen entstehen, haben sich unterschiedliche Behandlungsmethoden entwickelt. Die Verhaltenstherapie hat sich aus der Idee der erlernten Angstreaktion entwickelt. Der tiefenpsychologische Ansatz arbeitet mit den unbewussten Wünschen, Gedanken und Fantasien und auch traumatischen Kindheitserlebnissen. Während der neurobiologische Ansatz zur Pharmakotherapie führte, der übermäßige Angstreaktion mit Medikamenten zur Regulation der Botenstoffe im Gehirn begegnet. Der hypnotherapeutische Ansatz beschäftigt sich mit einer Neuvernetzung der Gehirnstrukturen, damit die auslösenden Situationen oder Gegenständen eine angenehmere Reaktion im Gehirn auslösen. Da Angststörungen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen zählen, haben sich noch zahlreiche verfeinerte Methoden entwickelt, die verschiedene Aspekte der Entstehung mitberücksichtigen. Angsterkrankungen sind psychotherapeutisch gut behandelbar, insbesondere wenn es nach dem ersten Auftreten zu einer frühzeitigen Behandlung kommt.
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